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Sulfasalazin

Sulfasalazin (z.B. Sulfasalazin medac) ist ein Medikament aus der Gruppe der langwirksamen Antirheumatika (früher sogenannte “Basistherapie“). Die Substanz selber gibt es schon sehr lange. Ursprünglich wurde sie allerdings zur Behandlung von entzündlichen Darmerkrankungen eingesetzt, z.B. zur Therapie eines M. Crohn oder einer Colitis ulcerosa. Bekanntlich gehen diese Erkrankungen öfters auch mit einer Beteiligung von Gelenken und Wirbelsäule einher (enteropathische Arthritis bzw. enteropathische Spondarthritis). Die Patienten, die eigentlich wegen des Darms mit Sulfasalazin behandelt wurden, berichteten, daß mit der Besserung der Darmsymptomatik plötzlich auch ihre Gelenk- und Rückenschmerzen und ihre Gelenkschwellungen verschwanden.

Als die Rheumatologen davon hörten, war es anfangs nicht mehr als eine Idee, daß Sulfasalazin möglicherweise auch bei anderen rheumatischen Erkrankungen mit Arthritis und Spondarthritis wirken könnte, auch wenn sie nicht mit einer Darmbeteiligung einhergingen. Dafür gab es 2 Überlegungen, die diese Vermutung stützten:

Zum einen gibt es ja schon lange die Hypothese, daß eine Reihe von rheumatischen Erkrankungen durch Infektionen ausgelöst und u.U. auch unterhalten werden könnten. In Sulfasalazin ist nun ein Sulfonamid-Anteil, der mit den Sulfonamid-Antibiotika verwandt ist (ohne daß Sulfasalazin selber ein typisches Antibiotikum ist). Unter der Hypothese einer möglichen Infekt-Ursache auch der chronischen Arthritis schien damit eine Behandlung mit Sulfasalazin interessant. Aus heutiger Sicht erscheinen diese Gedanken relativ einfach und auch nicht schlüssig nachvollziehbar, vom Ergebnis her waren sie aber ein Argument, Sulfasalazin als mögliches Antirheumatikum näher zu testen.

Ein zweites Argument war, daß der zweite Bestandteil von Sulfasalazin mit Salicylsäure verwandt ist, der Substanz, die in chemisch abgewandelter Form auch in Aspirin (Acetylsalicylsäure) enthalten ist und die schon seit alters her z.B. in Weidenrindenextrakten oder anderen Baumrindenextrakten als entzündungshemmendes Mittel eingesetzt wurde.

Erste klinische Prüfungen von Sulfasalazin in der Rheumatologie

Die ersten klinischen Prüfungen von Sulfasalazin zur langwirksamen antirheumatischen Therapie der chronischen Polyarthritis datieren auf die frühen 80er Jahre. Sie zeigten eine gute Wirkung auf die sogenannte lokale entzündliche Aktivität der c.P. wie Gelenkschmerzen und Gelenkschwellungen, außerdem konnte ein Rückgang der sogenannten systemischen Entzündungsaktivität gezeigt werden (wie sie z.B. mit der Erhöhung der Blutsenkung = BSG und des c-reaktiven Proteins = CRP gemessen wird).

Spätere Studien belegten eine Verringerung der sogenannten Röntgenprogression, d.h. ein Bremsen der im Röntgenbild sichtbaren Veränderungen an den Gelenken als Folge der chronischen Entzündung.

Wirksamkeit von Sulfasalazin

Die Wirksamkeit von Sulfasalazin bei der Behandlung einer chronischen Polyarthritis / rheumatoiden Arthritis liegt nach den Ergebnissen einiger Studien etwa im Bereich von Methotrexat (z.B. Lantarel) und von Leflunomid (z.B Arava). Die praktische Erfahrung im rheumatologischen Behandlungsalltag geht allerdings in die Richtung, daß Sulfasalazin vielleicht doch etwas weniger wirksam ist als die beiden genannten Substanzen. Dies gilt weniger für den Beginn der Behandlung; auch in anderen Studien (z.B. den Leflunomid-Studien) ist die Wirksamkeit von Sulfasalazin in den ersten Monaten praktisch gleich mit Leflunomid. Wenn allerdings eine längere Behandlung notwendig wird, scheint die Wirksamkeit von Sulfasalazin nachzulassen. So war in der Leflunomid -Studie im Vergleich zu Sulfasalazin nach 2 Jahren ein deutliches Auseinanderdriften der Wirksamkeit mit Vorteilen zugunsten von Leflunomid zu beobachten.

Im Vergleich zu Methotrexat sind einige Studien nur eingeschränkt zu verwenden, da Methotrexat dabei oft nicht in der heute verwendeten Dosis von 15 mg pro Woche dosiert wurde, sondern z.T. deutlich niedriger, z.B. mit 7,5 mg pro Woche. In der täglichen Praxis spricht die Erfahrung dafür, daß eine ausreichend hoch dosierte Therapie mit Methotrexat bei der Behandlung der cP wirksamer ist als Sulfasalazin.

Andererseits sprechen viele Gründe für den Einsatz von Sulfasalazin als Basistherapeutikum der ersten Wahl zur Behandlung einer chronischen Polyarthritis. Hauptargument ist das vergleichsweise niedrige Risiko von möglichen schweren Nebenwirkungen bei insgesamt guter Wirksamkeit. Dieses gute Verhältnis von zu erwartendem Nutzen in Relation zu dem möglichen Risiko in Verbindung mit den vergleichsweise niedrigen Kosten des Medikaments hat insbesondere in der englischen Rheumatologie dazu geführt, daß dort Sulfasalzin als erstes Basismedikament bei einer cP zum Einsatz kommt, wenn keine medizinischen Gründe wie eine bekannte Sulfonamid-Allergie oder auch eine deutliche autoimmune Komponente der cP (z.B. hohe ANA = antinukleäre Antikörper) dagegen sprechen.

Durchführung der Sulfasalazin-Therapie

Die Therapie mit Sulfasalazin erfolgt einschleichend:

In der ersten Woche wird pro Tag eine Tablette eingenommen, in der zweiten Woche wird auf zwei Tabletten pro Tag erhöht, in der dritten Woche auf drei pro Tag und in der vierten Woche auf vier pro Tag. Dies ist dann auch die übliche Erhaltungsdosis.

1. Woche: 0-0-1 Tablette pro Tag

2. Woche: 1-0-1 Tabletten pro Tag

3. Woche: 1-0-2 Tabletten pro Tag

4. Woche: 2-0-2 Tabletten pro Tag

ab 4. Woche: 2-0-2 Tabletten pro Tag

Wirkungseintritt

Die Wirkung von Sulfasalazin tritt bei der cP relativ schnell ein, oft berichten die Patienten schon nach 4-6 Wochen über eine Abnahme der Gelenkschmerzen und einen Rückgang von Gelenkschwellungen und auch der Morgensteifigkeit. Außerdem geht die Müdigkeit zurück und die allgemeine Belastbarkeit steigt. Gleichzeitig oder manchmal sogar schon eher, manchmal auch erst mit Verzögerung, kommt es zur Besserung der sogenannten systemischen Entzündungsparameter, d.h. der Blutsenkung (BSG) und dem c-reaktiven Protein (CRP). Im Regelfall sollte die Wirkung nach spätestens 3 Monaten eingetreten sein; wenn dies nicht der Fall ist, kann man überlegen, ob man die übliche Erhaltungsdosis von 2-0-2 Tabletten pro Tag auf 2-2-2 Tabletten pro Tag erhöht oder ob man über eine Änderung der Therapie nachdenkt, z.B. die Erweiterung der Sulfasalazin-Therapie durch Methotrexat und Chloroquin (z.B. Resochin) im Sinne einer langwirksamen antirheumatischen Kombinationstherapie oder ob man Sulfasalazin ganz absetzt und komplett auf ein ganz anderes Medikament wechselt (z.B. Methotrexat oder Leflunomid).

Auf eine Kombination unter Einschluß von Sulfasalazin würde man wechseln, wenn es unter Sulfasalazin zu einer Wirkung gekommen ist, die aber nur teilweise und damit unzureichend ist (sogenannte partielle à Remission). Völlig umstellen auf ein ganz anderes Präparat würde man, wenn es unter der Behandlung mit Sulfasalazin zu überhaupt keiner Verbesserung oder vielleicht sogar zu einer Verschlechterung gekommen ist.

Verträglichkeit

Sulfasalazin wird üblicherweise gut vertragen. Gefährliche Nebenwirkungen sind sehr selten. Unter einem regelmäßigen Therapie-Monitoring und Sicherheits-Monitoring (einschl. Blutuntersuchungen, Urin-Untersuchungen) sind bleibende Schäden in der Regel nicht zu erwarten.

Wenn es zu Nebenwirkungen kommt, treten diese am häufigsten im Bereich der Haut auf und (seltener) an den Schleimhäuten. Meistens ist dies Folge einer Sulfonamid-Allergie. An der Haut kommt es zu Juckreiz, z.T. auch zu Rötungen und Quaddelbildungen wie nach einem Kontakt mit Brennesseln. Diese Symptome bilden sich normalerweise innerhalb von 1-2 Tagen nach Absetzen von Sulfasalazin zurück.

Seltener betrifft diese Allergie auch die Schleimhäute, vor allem die Mundschleimhaut, mit wunden Stellen im Mund und einer Mundschleimhautentzündung (Stomatitis), manchmal auch mit Aphthenbildung. Auch diese Symptome bilden sich normalerweise nach 1-2 Tagen nach Absetzen von Sulfasalazin zurück.

Diese allergische Reaktion bezieht sich nur auf Sulfasalazin (und u.U. auf andere sulfonamidhaltigen Präparate); d.h. nach Absetzen von Sulfasalazin bleibt keine andere Allergie zurück (z.B. auf Pollen oder auf Tierhaare), wenn man diese vorher nicht hatte. Anders gesagt: Diese Allergie auf Sulfasalazin macht einen nicht zukünftig allergisch auf andere Stoffe.

Eine relativ häufige Nebenwirkung von Sulfasalazin ist gerade zu Beginn der Therapie eine gewisse Darmträgheit oder ein Gefühl im Bauch wie beim Wolf im Märchen der Gebrüder Grimm vom bösen Wolf und den sieben Geißlein, nämlich das Gefühl, als ob man Pflastersteine im Bauch liegen hätte. Dies gibt sich normalerweise in den ersten Wochen.

Ebenfalls in den ersten Wochen vergleichsweise oft ist eine ausgeprägte Müdigkeit. Diese geht bei den meisten Patienten innerhalb von 1-2 Monaten zurück. Bei einigen bleibt sie aber so stark bestehen, daß dies sogar zum Abbrechen der Therapie zwingt.

Gefährliche Nebenwirkungen im Bereich der inneren Organe wie Leber oder Nieren oder eine Veränderung des Blutbildes sind unter Sulfasalazin selten. Insbesondere sind Erhöhungen der Leberwerte, wie wir sie von zahlreichen anderen langwirksamen Antirheumatika wie Methotrexat oder Leflunomid kennen, unter Sulfasalazin eine absolute Rarität. Sulfasalazin ist damit eine bevorzugte Substanz für Patienten mit vorbestehenden Lebererkrankungen (wobei natürich auch hier eine sehr sorgfältige Abwägung des Einsatzes zu erfolgen hat und Kontraindikationen sorgfältig beachtet werden müssen). Außerdem darf auch Sulfasalazin bei höhergradigen Leberfunktionsstörungen nicht gegeben werden. Ebenso sind Veränderungen der Nierenwerte (z.B. Erhöhung des Kreatinins) oder Veränderungen des Urinstatus oder des Urinsediments unter Sulfasalazin extrem selten (wie z.B. vermehrte Eiweißausscheidung im Urin oder Nachweis von roten Blutkörperchen im Urin). Damit eignet sich Sulfasalazin auch gut für den Einsatz bei Patienten mit vorbekannten Nierenerkrankungen. Allerdings darf Sulfasalazin auch bei höhergradigen Nierenfunktionseinschränkungen nicht gegeben werden.

Ernstzunehmen sind Veränderungen im Blutbild. Sie sind wahrscheinlich auch Folge einer Allergie auf Sulfonamide und nicht Ausdruck einer Schädigung des Knochenmarks. Nach Absetzen von Sulfasalazin kommt es in der Regel auch sehr rasch, z.T. schon nach 1-2-3 Tagen, wieder zur Normalisierung der Werte (was auch für eine allergische Reaktion und gegen eine Knochenmarkschädigung spricht, da ein geschädigtes Knochenmark länger brauchen würde, bis es sich wieder erholt hat). In erster Linie betroffen sind die weißen Blutkörperchen (Abfall der Leukozyten = Leukopenie; in der Regel der Granulozyten = Granulopenie) und die Blutplättchen (Abfall der Thrombozyten = Thrombopenie). Wird durch eine mangelhafte Therapieüberwachung eine solche Leukopenie nicht rechtzeitig erkannt und Sulfasalazin weitergegeben, kommt es zu einer erheblichen Infektgefährdung und im schlimmsten Fall zu lebensbedrohlichen Infektionen, z.T. mit Todesfolge. Ähnlich gefährlich sind nicht erkannte Thrombopenien, da es in diesem Fall zu einer verstärkten Blutungsneigung kommt und im schlimmsten Fall sogar lebensgefährliche Blutungskomplikationen auftreten können.

Therapie-Überwachung

Deshalb ist auch bei Sulfasalazin eine regelmäßige Überwachung der Therapie vorgeschrieben. Neben der regelmäßigen Befragung des Patienten auf mögliche Nebenwirkungen und Nebenwirkungssymptome und entsprechender Untersuchung beinhaltet das Sicherheitsprogramm zum Therapiemonitoring der Sulfasalazin-Therapie die Blutuntersuchung von großem Blutbild einschließlich Differentialblutbild und Thrombozyten, die Leberwerte (Transaminasen, GOT und /oder GPT, alkalische Phosphatase, ggf. auch Gamma-GT), Nierenwerte (Kreatinin und / oder Harnstoff) sowie Urinstatus und Urinsediment, antinukleäre Antikörper (ANA) und ggf. Subtypisierung (in größeren Abständen) sowie weitere Parameter in Abhängigkeit von der individuellen Situation (Dosierung, Risikofaktoren, Alter, Krankheitsschwere, Begleiterkrankungen, Begleitmedikation etc.).

Diese Untersuchungen sind in den ersten 3 Monaten in Abhängigkeit vom individuellen Einzelfall in wöchentlichen bis 14-tägigen Abständen nötig, danach reichen Kontrollintervalle von 4-8 Wochen, im weiteren Verlauf ggf. sogar von 3 Monaten aus, vorausgesetzt, daß alle Werte immer normal sind. Falls sich bei einer Kontrolle bei einem der Werte pathologische (= krankhafte) Veränderungen zeigen, muß selbstverständlich je nach Werten und Ausmaß der pathologischen Veränderungen das Kontrollintervall mehr oder weniger stark verkürzt werden. Nach dem jeweiligen Befund richtet sich auch die Entscheidung, ob Sulfasalazin zunächst unverändert eingenommen werden kann, ob die Dosis reduziert werden muß oder ob das Medikament sicherheitshalber zunächst ganz abgesetzt werden sollte.

Sicherheitsmonitoring der Sulfasalazin-Therapie:

In der Regel in den ersten drei Monaten alle 7-14 Tage, vom 4. bis 6. Monat alle 4 Wochen, danach alle 6 Wochen bis 3 Monate.

Befragung und ggf. Untersuchung:

     

  • Juckreiz / Hautausschlag / Exanthem
  • Mundschleimhautveränderungen / Stomatitis / Aphthen
  • Gastrointestinale Symptome: Appetitlosigkeit, Völlegefühl, Übelkeit, Bauchschmerzen
  • zentralnervöse Symptome: Müdigkeit, Schwächegefühl, Kopfschmerzen
  • Fieber

Laborbestimmungen:

     

  • Blutbild einschl. Thrombozyten und Diff.-Blutbild
  • Kreatinin
  • Harnstoff
  • GOT (optional)
  • GPT
  • Gamma-GT (optional)
  • alk. Phosphatase
  • Urinstatus
  • Urinsediment

Zur Kontrolle des Therapieerfolgs und zur differenzierteren Therapieüberwachung werden natürlich beim Rheumatologen neben regelmäßigen Bestimmungen der Entzündungswerte (BSG, CRP) in größeren Abständen weitere Parameter (Rheumafaktoren, ANA, Immunglobuline, Elektrophorese etc.) gemessen.

Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten Medikamente, die in den Folsäurestoffwechsel eingreifen (z.B. Methotrexat)

Sulfasalazin vermindert die Folsäureabsorption (Folsäure ist ein Vitamin). Wenn es zu zusammen mit anderen Medikamenten eingenommen wird, die in den Folsäure-Stoffwechsel eingreifen (wie z.B. Methotrexat), muß besonders auf entsprechende Mangelerscheinungen geachtet werden. Oft erkennt man erste Veränderungen im Blutbild an der sogenannten Erythrozytenmorphologie und dem Hämoglobin-Gehalt der Erythrozyten (MCV-Werte und MCH-Werte im Blutbild). Sulfasalazin kann außerdem die Wirkung von Methotrexat verstärken. Diesen Effekt macht man sich u.a. bei der Kombinationstherapie von Sulfasalazin mit Methotrexat zunutze.

Eisenpräparate

Eisenpräparate und Sulfasalazin bilden sogenannte Chelate, d.h. sie binden aneinander und behindern sich damit wechselseitig bei der Resorption, d.h. beide Substanzen werden weniger vom Körper aufgenommen, wenn man sie gleichzeitig einnimmt.

Antibiotika

Antibiotika und Anionenaustauscher verringern ebenfalls die Resorption von Sulfasalazin.

Cumarin-Derivate (z.B. Marcumar)

Durch Sulfasalazin kann die Wirkung von Cumarinderivaten wie Marcumar verstärkt werden, deshalb sind anfangs häufigere Kontrollen des Quick-Wertes bzw. der INR empfehlenswert.

Sulfonylharnstoffe (z.B. Glibenclamid / Euglukon u.a.)

Durch Sulfasalazin ist wie bei anderen Sulfonamiden eine Wirkungsverstärkung von Sulfonylharnstoffen möglich (Medikamente, die zur Behandlung der Zuckerkrankheit eingenommen werden = eine Substanzgruppe aus der Gruppe der sogenannten oralen Antidiabetika). Es ist deshalb anfangs eine häufigere Kontrolle der Blutzuckereinstellung empfehlenswert.

Phenytoin (z.B. Zentropil)

Durch Sulfasalazin kann wie bei anderen Sulfonamiden auch eine Wirkungsverstärkung von Phenytoin erfolgen (Phenytoine sind Substanzen, die u.a. zur Behandlung einer Epilepsie eingenommen werden = Präparate aus der Gruppe der Antiepileptika). Ggf. sind deshalb anfangs Spiegelbestimmungen des Phenytoins nötig.

Herzglykoside (Digitalis-Präparate wie Digoxin oder Digitoxin, z.B. Novodigal oder Digimerck)

Wie bei den übrigen Sulfonamiden kann es auch bei Sulfasalazin zu einer Wirkungsabschwächung von Herzglykosiden kommen (Präparate, die früher vor allem zur Behandlung einer Herzschwäche eingesetzt wurden, heute hauptsächlich bei einer bestimmten Form der Herzrhythmusstörung, nämlich Vorhofflimmern; Hauptvertreter dieser Substanzgruppe sind Digoxin sowie Digitoxin, z.B. Novodigal oder Digimerck). Ggf. sind auch hier Spiegelbestimmungen der Herzglykoside nötig.

Sulfasalazin in der Kombinationstherapie

Ein wesentlicher Schritt hin zu einer kompletten Remission war die Erkenntnis, daß man durch die Kombination von Einzelsubstanzen wie Methotrexat (z.B. Lantarel), Sulfasalazin (z.B. Sulfasalazin medac), Chloroquin (z.B. Resochin), Ciclosporin (z.B. Immunosporin), Leflunomid (z.B. Arava) etc. die Wirksamkeit der langwirksamen antirheumatischen Therapie z.T. dramatisch auch dann steigern kann, wenn es beim Einsatz von Einzelsubstanzen zu überhaupt keinem Erfolg („Therapieversagen“) oder nur zu einem teilweisen Ansprechen („partielle Remission“) kommt.

In der Vergangenheit wurden erste Kombinationsversuche mit Sulfasalazin mit Methotrexat, Auranofin (Goldtabletten, z.B. Ridaura) und weiteren Basistherapeutika unternommen. Dabei zeigte sich in einer kleinen, vielen Ärzten gan nicht bekannten Studie das überraschende Ergebnis, daß sich durch Zugabe von Sulfasalazin zu Methotrexat eine Rheumaknotenbildung bremsen oder sogar zurückdrängen lässt, wie sie gelegentlich als Nebenwirkung einer Methotrexat-Therapie beobachtet wird. Diese Kombination kann mit dieser Zielsetzung auch heute noch verwendet werden .

Ansonsten waren die Ergebnisse von Zweier-Kombinationen mit Sulfasalazin eher enttäuschend und den Einzelsubstanzen überhaupt nicht oder nur unwesentlich überlegen.

Ein Durchbruch wurde dann 1996 in der richtungsweisenden Studie von O´Dell und Mitarbeitern erzielt. Er kombinierte Methotrexat mit Sulfasalazin sowie Methotrexat mit Sulfasalazin und Hydroxychloroquin und konnte zeigen, daß die Dreier-Kombination einer alleinigen Methotrexat-Therapie ganz erheblich überlegen ist. In der Folge konnten dann sogar Patientengruppen identifiziert werden, die von der Dreier-Kombination besonders profitieren. So deuten die Ergebnisse einer Studie aus derselben Arbeitsgruppe (O´Dell et al. 1998) in die Richtung, daß eine Kombinationstherapie insbesondere dann einer Monotherapie mit Methotrexat bei solchen Patienten deutlich überlegen ist, die den humangenetischen Risikomarker HLA DR4 (eine Art „weiße“ Blutgruppeneigenschaft) und dabei Risikoallele (sogenannte shared epitope allele (DRB1 *0401, 0404/0408, 0405, 0101, 1001, and 1402) aufwiesen.

Es gibt prominente Rheumatologen in Deutschland, deren „Lieblings-Kombinations-Therapie auf der Grundlage der O´Dell-Daten, zugleich auch wegen der guten Verträglichkei, die Kombination von Mtx + Sulfasalazin + Chloroquin ist (in Deutschland wird meist statt Hydroxychloroquin das sehr ähnliche Chloroquin eingesetzt). Man hat umfangreiche und sehr gute Erfahrungen mit dieser Kombination, man sollte allerdings die Kombination von Mtx mit Leflunomid je nach Lage der Dinge als eine starke Alternative nicht aus den Augen verlieren.

Sulfasalazin bei seronegativen Spondarthritiden

Der M. Bechterew und die mit ihm verwandten seronegativen Spondarthritiden waren lange Zeit die Stiefkinder einer medikamentösen antirheumatischen Therapie. Lange galt der Grundsatz, dass diese Krankheitsbilder in erster Linie mit Krankengymnastik und Bewegungstherapie und erst in zweiter Linie mit cortisonfreien Entzündungshemmern (nicht-steroidale Antirheumatika oder nicht-steroidale Antiphlogistika) behandelt werden müssten. An eine langwirksame antirheumatische und remissionsinduzierende Therapie wurde bei M. Bechterew und Spondarthritis nicht im Traum gedacht, geschweige denn, daß sie jemand durchgeführt hätte.

Andererseits war jüngeren Rheumatologen nicht klar, warum die therapeutische Strategie bei Bechterew und Spondarthritiden so vollständig anders aussehen sollte als bei einer chronischen Polyarthritis. Nachweislich gibt es zumindest bei einer Untergruppe von Bechterew-Patienten z.T. ganz erhebliche systemische Entzündungsaktivität mit sehr hoher Blutsenkung und sehr hohem CRP, und wiederum bei anderen Patienten eine Gelenkbeteiligung, die einer chronischen Polyarthritis ziemlich ähnelte.

Und es war schon biomechanisch und auch rein lebenspraktisch nicht einsehbar, wie man mit einer halben Stunde Krankengymnastik pro Tag oder auch 2 Stunden (was zeitlich kaum einer hinbekommt und was noch weniger Patienten auf Dauer regelmäßig durchführen würden) gegen die Versteifungstendenz einer Krankheit ankämpfen will, die ihre Ursache in einer Entzündung der Wirbelsäule und der kleinen Wirbelgelenke hat, die chronisch und damit 24 Stunden am Tag vorhanden ist.

Deshalb wurden dann zunehmend auch Versuche unternommen, Patienten mit M. Bechterew und Spondarthritiden um einen kontinuierlich mit entzündungshemmenden Medikamenten zu behandeln, zunächst aus der Gruppe der rein symptomatisch wirkenden cortisonfreien Entzündungshemmer, dann zunehmend auch mit langwirksamen Antirheumatika. Wegen der Ähnlichkeit zur chronischen Polyarthritis wurde dies anfangs zunächst bei Patienten mit einer sogenannten peripheren Gelenkbeteiligung durchgeführt, d.h. bei Patienten, bei denen z.B. Fingergelenke, Zehengelenke, aber auch Ellenbogengelenke, Kniegelenke, Schultern oder Hüften betroffen waren.

Zum Einsatz kamen im Prinzip alle Präparate, die auch für die Behandlung einer chronischen Polyarthritis verwendet wurden, beginnend mit intramuskulär verabreichtem Gold über Methotrexat und Azathioprin bis hin in Einzelfällen zu so aggressiven Substanzen wie Cyclophosphamid.

Systematische Untersuchungen im Sinne größerer Studien sind zu den einzelnen Präparaten nicht bekannt. Die eigene Erfahrung und die Zusammenfassung aus dem Erfahrungsaustausch auf Kongressen und Workshops sowie in kleinen Qualitätszirkeln oder vergleichbaren Gesprächsrunden geht dahin, daß alle oben genannten Substanzen bei der größeren Zahl der Patienten mit M. Bechterew und Spondarthritiden nicht in demselben Maße wirksam sind wie bei der chronischen Polyarthritis. Zwar haben sie häufig eine vergleichbar gute Wirkung auf die periphere Gelenkbeteiligung und z.T. auch auf die systemische Entzündungsaktivität (z.B. BSG, CRP), ebenso häufig aber auch eine nur sehr unbefriedigende oder oft sogar völlig fehlende Wirkung auf den Rückenschmerz und die Schmerzen im Bereich der Kreuz-Darmbein-Gelenke („Stammskelett“) sowie die einsprechenden entzündlichen Symptome (z.B. Sakroileitis).

Wesentlich anders ist dies bei Sulfasalazin: Hier zeigt nicht nur die tägliche praktische Erfahrung ein gutes Ansprechen der peripheren Gelenke und des Stammskeletts, sondern eine gute Wirksamkeit bei M. Bechterew, Psoriasisarthritis und anderen Spondarthritiden konnte auch in systematischen klinischen Studien belegt werden.

Dies hat zu einem völligen Umdenken bei der Therapie des M. Bechterew und der Spondarthritiden geführt. So gehen immer mehr Rheumatologen dazu über, auch Spondarthritis-Patienten nicht mehr nur rein symptomatisch zu behandeln, sondern mit dem Anspruch einer langwirksamen antirheumatischen und remissionsinduzierenden Therapie.

Es gilt mittlerweile der Grundsatz, daß jeder Patient mit einem aktiven M. Bechterew oder einer aktiven Spondarthritis mit einem langwirksamen Antirheumatikum („Basistherapie“) behandelt werden sollte. Das Medikament der ersten Wahl ist dabei Sulfasalazin (z.B. Sulfasalazin medac).

Sulfasalazin in der Kinderrheumatologie

Die medikamentösen Therapiestrategien in der Kinderrheumatologie unterscheiden sich immer weniger von den Vorgehensweisen bei der Behandlung von Erwachsenen mit rheumatischen Erkrankungen, wenn man von der speziellen Situation des z.T. anderen kindlichen Stoffwechsels mit anderen Dosierungen und von der besonderen Problematik der Therapie eines wachsenden Organismus einmal absieht.

So verwenden die Kinderrheumatologen in gleicher Weise wie die Erwachsenenrheumatologen als langwirksame antirheumatische Medikamente schon länger solche Substanzen wie Chloroquin, intramuskuläres Gold oder Methotrexat. Eine Spezialität der Kinderrheumatologie war in der Vergangenheit der vergleichsweise häufige Einsatz von Zytostatika („Krebsmittel“) wie Cyclophosphamid (z.B. Endoxan) oder Chlorambucil (z.B. Leukeran). Dies ergab sich aber daraus, daß die schwerste Form des Kinderrheumas, die systemische Form der juvenilen Arthritis oder der M. Still, durch andere Präparate oft gar nicht oder nicht ausreichend zu beherrschen war, die z.T. über lange Zeit notwendige hochdosierte Cortisontherapie selber zu schwersten Nebenwirkungen führte und die Erkrankung dennoch häufig zu schwerster Behinderung, schwersten Organbeteiligungen und nicht selten zum Tod der Kinder und Jugendlichen noch vor ihrem 20. Lebensjahr führte.

Durch die modernen Therapiekonzepte und insbesonders die anderen Medikamente, u.a. auch die TNF-alpha-Hemmer wie Etanercept (z.B. Enbrel), hat sich glücklicherweise auch in der Behandlung von schwer rheumakranken Kindern die Situation entscheidend verbessert.

Ebenfalls eine entscheidende Verbesserung auch bei der Behandlung der weniger schweren Verläufe ist die Einführung von Sulfasalazin zur Behandlung der juvenilen chronischen Arthritis.

Sulfasalazin hat speziell für die Kinderrheumatologie neben der vergleichsweise guten Verträglichkeit den speziellen Vorteil, daß es keine negativen Auswirkungen auf das Längenwachstum hat.

Eine Tablettenform (Sulfasalazin medac) ist kleiner als die bisherigen Sulfasalazin-Tabletten und wird aus Erfahrung von den Kindern deutlich bevorzugt.

Weitere Informationen zu Sulfasalazin:

Siehe unter:

Sulfalazin

Fragen und Antworten zu Sulfasalazin

Studien zu Sulfalazin

Sulfasalazin im Erfahrungsaustausch:

Literatur

O'Dell JR, Haire CE, Erikson N, Drymalski W, Palmer W, Eckhoff PJ, Garwood V, Maloley P, Klassen LW, Wees S, Klein H, Moore GF.

Treatment of rheumatoid arthritis with methotrexate alone, sulfasalazine and hydroxychloroquine, or a combination of all three medications.

N Engl J Med. 1996 May 16;334(20):1287-91.

O´Dell JR

Triple therapy with methotrexate, sulfasalazine, and hydroxychloroquine in patients with rheumatoid arthritis.

Rheum Dis Clin North Am. 1998 Aug;24(3):465-77. Review.

O'Dell JR, Nepom BS, Haire C, Gersuk VH, Gaur L, Moore GF, Drymalski W, Palmer W, Eckhoff PJ, Klassen LW, Wees S, Thiele G, Nepom GT.

HLA-DRB1 typing in rheumatoid arthritis: predicting response to specific treatments.

Ann Rheum Dis 1998 Apr;57(4):209-13

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